Nach vielen Jahren, in denen sie auf unterschiedlichen Servern, aber stets im selben Design ihren Dienst verrichtet hat, ging am letzten Tag des Jahres 2021 endlich unsere alte Website in den wohlverdienten Ruhestand. Das wollen wir zum Anlass nehmen, nochmals an die alte Website zu erinnern und etwas aus der Geschichte unseres Labels und unserer Website zu plaudern.
Der Begriff „Ponkoff Music“ als Label für Musik aus dem Umfeld von Peter „P23“ Schmelzle und seinem Bandprojekt WINF geht auf das Jahr 1990 zurück. Das im Januar 1990 auf Cassette veröffentlichte Album „Lebenszeichen aus Pontos Kofferraum“, damals bereits die achte Cassettenveröffentlichung der Gruppe innerhalb weniger Monate, erhielt erstmals die aus dem Albumtitel abgeleitete Bezeichnung „PONKOFF MUSIC“. Die Cassetten hatten weder hohe Auflagen noch größere Außenwahrnehmung, so dass das Label an sich damals kaum in Erscheinung trat. Wohl aber war der Labelname geboren und bis 1995 wurden insgesamt 22 Cassettenveröffentlichungen unter diesem Label fertiggestellt. Die Zusammenstellung und Verbreitung von Cassettencompilations war mühsam und zeitintensiv, damals aber der einzige Weg, Musik jenseits teurer kommerzieller Wege aufzunehmen und zu verbreiten.
Im Lauf der 1990er Jahre brach die Ära des Techno an, dessen Sog die alten Bandprojekte umkrempelte. Es wurde weiterhin auf Cassette oder auf analogen Videobändern mitgeschnitten, aber von vielen Bandprojekten unserer Musiker, die u.a. als Live Acts bei illegalen Techno Raves auftraten, gibt es trotzdem praktisch keine Aufnahmen aus jener Zeit. Erst zum Ende der 1990er Jahre traten einige Game Changer auf den Plan. Das Internet war zum ernstzunehmenden Kommunikationsnetz und die Herstellung von CDRs jedermann günstig möglich geworden. Außerdem neigte sich die Zeit der illegalen Techno-Raves wieder ihrem Ende entgegen und Musik der späteren Label-Protagonisten fand statt improvisiert als Live-Act auf dem Acker wieder im heimischen Studio statt. Zusätzlich hatte sich auf dem Computermarkt auch einiges getan, so dass viele Aufnahmen nicht mehr auf analogen Vierspurgeräten oder im Proberaum auf Audio-Cassette, sondern gleich volldigital am Rechner entstanden. So erhielt das Sammeln und Verbreiten von selbstproduzierter Musik zum Ende der 1990er Jahre einen immensen Auftrieb durch Technologie. Die CDr und das MP3-File als schnell verlustfrei kopierbare Medien verdrängten die Cassette, und das Internet wurde zum Leitmedium für den musikalischen Austausch.
Im Jahr 1998 nutzte Peter „P23“ Schmelzle für seine erste vollständig digitale Produktion erneut das Label „Ponkoff Music“. Das Release war unspektakulär, es handelte sich damals um einen privat erstellten Dance-Remix eines Titels der slowenischen Industrialband Laibach, den er in einer kleinen Auflage auf CDr brannte und als „Ponkoff CD 001“ im Bekanntenkreis verteilte. Diese erste CDr unter unserem Labelnamen war im Wesentlichen der Testlauf dafür, ob Handling und die Technik funktionieren würden und ob das Medium überhaupt rezipiert würde. Nach erfolgreichem Test erschien mit PONKOFF CD 002 „Bloody Stoned Tunes“ eine Compilation mit alten Aufnahmen des Musikers aus den Jahren 1986 bis 1997 und es schlossen sich in den Jahren 1999 und 2000 eine Reihe von Releases an, mit denen alte analoge Archivaufnahmen aus den Vorjahren digitalisiert nachveröffentlicht wurden, wobei das Label PONKOFF MUSIC nunmehr nicht nur als Label für Musik von P23, sondern auch für die Herkunft weiterer Aufnahmen aus seinem großen Audio-Archiv stand. Gerade die digitale Bereitstellung der Archivaufnahmen wurde zum Hauptinhalt der Jahre um 2000. Die Label-Katalognummer „Ponkoff CD 001“ wurde später nachträglich neu für eine CDr-Reissue einer alten Ponkoff-Cassette vergeben, da der einsame Dance-Remix auf der ersten CD 001 sowohl urheberrechtliche Probleme verursacht als auch konzeptionell nicht ganz zum Label gepasst hätte.
Spätestens im Jahr 1999 gab es auch die erste Version der Label-Website von PONKOFF MUSIC. Als Musiker und Produzenten jenseits jeglicher kommerzieller Zwänge wollten wir jeher alle Releases als frei verfügbare MP3s zum Online-Hören oder zum Download anbieten. Da das Hosting von für damalige Verhältnisse großen Mengen an MP3-Daten noch sehr kostspielig war, nahmen wir gerne das Angebot eines amerikanischen Freundes aus dem FOPI-Projekt an, die Labelseite privat auf seinem Server (www.fopi.net) zu hosten. FOPI war die „Family Ov Psychick Individuals“, ein loser internationalen Verband von Musikern und Künstlern aus der Fangemeinde der Industrialband Psychic TV. Aus diesem Kreis heraus erschien 2000 mit PONKOFF CD 013 „Songs for a cave“ auch die erste CDr des Labels, die statt nachdigitlaisierten alten Aufnahmen aktuelle Inhalte bot, und zwar ein Album mit Demo-Tracks des Neofolk-Musikers Edwin Siol („Neo Realism“) für ein FOPI-Event in Frankfurt am Main. In den nachfolgenden fünf Jahren erschienen rund 50 weitere CDr-Releases unter dem Label PONKOFF MUSIC, darunter neben weiteren Archivveröffentlichungen nun auch vermehrt neue Produktionen sowie Musik von befreundeten Künstlern.
Mehrere Jahre, bevor 2003 mit Myspace das erste erfolgreiche Musikernetzwerk online ging, waren Labelseiten wie unsere nahezu die einzige Möglichkeit, Musik im Internet legal zu teilen und zu promoten. Im großen MP3-Archiv unserer Seite, das bald auf über 500 Titel anwuchs, haben wir damals auch anderweitig bereits veröffentlichte Bonustracks von befreundeten Musikern aufgenommen, um diesen eine weitere Verbreitung zu ermöglichen. In einer Art manuell erstelltem Newsfeed berichteten wir auf der Startseite unserer damaligen Seite zudem über Neuigkeiten. Sowohl über das FOPI-Netzwerk als auch über die sonstige Online-Labelpräsentation konnten wir in den frühen 2000er Jahren einige interessante Projekte realisieren. So entstanden u.a. mehrere Psychic-TV-Remix- oder Coverprojekte, fanden wir Mitstreiter, die über das Telefon Audiosamples für ein anderes Remixprojekt ablieferten und wurde das englische Fernsehen auf die auf unserem Label vertretenen schlüpfrigen Schlagerparodien von Ricky Zaziky aufmerksam und lud zu Fernsehaufnahmen ein.
Nach sieben Jahren lief 2006 die Domain-Registrierung für www.fopi.net aus, wo unsere Labelsite seit 1999 gehostet war. Mit dem Rückzug des Server-Betreibers kam damals nicht nur das Ende des FOPI-Kollektivs, das sich mit dem Ende seiner Plattform verlief, sondern auch eine gewisse Zäsur im Betrieb des Labels PONKOFF MUSIC. Da wir uns über das weitere Hosting zunächst im Unklaren waren, veröffentlichten wir 2006 mit PONKOFF CD 061 „Herzblut“ noch eine 2xCDR-Compilation mit einer Auswahl der besten bis dato auf dem Label erschienen Künstler und Tracks, um im Fall der Einstellung unseres Online-Angebots wenigstens weiterhin einen repräsentativen Labelquerschnitt zur schnellen Verfügung zu haben. Wir zogen mit unseren Inhalten auf verschiedene Gratis-Hoster um und wechselten mehrfach unsere Weiterleitungs- oder Pseudo-Domains, denn eine echte Domain hatten wir weiterhin nicht. Neue Veröffentlichungen auf der Labelwebsite fuhren wir auf ein Minimum von gelegentlichen neuen Bonus-MP3 herunter.
Zum Ende der 2000er Jahre hin hatten sich die Trends in der digitalen Medienwelt schon wieder verändert. MP3s und CDr spielten lange nicht mehr die Rolle, die sie zu Beginn des Jahrzehnts noch hatten. Das Internet war unterdessen institutionalisierter und animierter geworden. Mit Myspace, Youtube und Facebook und waren völlig neue Plattformen erschienen, auf denen Medieninhalte geteilt, gehört und gesehen wurden. Musikvideos wurden immer wichtiger. Deswegen waren wir nach 2006 sehr zögerlich, was einen stabilen Relaunch unserer Website anging. Stattdessen eröffneten wir im Juni 2009 einen Youtube-Kanal und im April 2010 eine Facebook-Seite, wo sich künftig die meisten Label-Aktivitäten abspielten. So gab es in den sozialen Medien zwar laufend neue Veröffentlichungen unter dem Label PONKOFF MUSIC, aber es kam mehrere Jahre zu keinen Albenveröffentlichungen mehr. Auch Aktualisierungen unserer ohnehin vernachlässigten und mal hier, mal dort gehosteten Website fanden praktisch nicht mehr statt, da der technische Aufbau der Seite mit ihrer HTML-Frametechnik der 1990er Jahre inzwischen deutlich veraltet war.
Im Jahr 2017 förderte eine kritische Durchsicht unseres Archivs mehrere musikalische Perlen längst vergangener Zeiten zutage, die aufgrund des schieren Umfangs nicht nur als kurzlebige einzelne Beiträge für Facebook oder Youtube taugten, sondern gleich sechs klassische Album-Veröffentlichungen mit dokumentarischem Anspruch füllten. Da wir immer alle Veröffentlichungen des Labels digital zum freien Download bereitstellen möchten, war mit diesen neuen Veröffentlichungen auch die Zeit gekommen, über eine längst überfällige Aktualisierung der Labelwebsite nachzudenken. Allerdings waren die Website-Inhalte inzwischen über zehn Jahre nicht mehr aktualisiert worden und die Technik war immer noch auf dem Stand der 1990er Jahre, so dass wir die Idee eines reinen Updates der bald 20 Jahre alten Seite prinzipiell verwarfen. Stattdessen reifte die Idee einer modernen neuen Website, die online zu bearbeiten sein müsse, die auf allen gängigen Geräten (PCs, Tablets, Smartphones) funktionieren sollte, in die neben den bestehenden MP3s auch die Youtube-Inhalte der letzten Jahre eingebunden werden können, die über eine eigene Suche und nach Möglichkeit auch über einen Webshop verfügen sollte usw.
2018 registrierten wir rund 30 Jahre nach der ersten Verwendung des Labelnamens erstmals unsere eigene Domain ponkoff-music.de, auf die wir übergangsweise nochmals unsere alte HTML-Website aufspielten. Die Musiker der Bands auf PONKOFF MUSIC sind seit der Gründung des Labels vor über 30 Jahren alte Säcke und Säckinnen geworden, die Zeit vergeht schnell und vieles dauert länger als es bei den heißspornigen Musikern von einst gedauert hätte. So vergingen erneut mehr als drei Jahre, bevor wir uns zum Jahreswechsel 2021/22 entschlossen, nach über 20 Jahren Online-Präsenz nun die beste Label-Website zu erstellen, die PONKOFF MUSIC je hatte. Da wir bei einigen anderen Projekten gute Erfahrungen mit der Verwaltung umfangreicher Online-Inhalte mit WordPress gemacht haben, kommt nun auch für unsere Labelwebsite WordPress mit einigen ebenfalls in anderen Projekten schon erprobten Plugins zum Einsatz. Lassen wir uns überraschen, ob die Seite damit wieder 20 Jahre lang funktioniert.
Für die kommenden Jahre haben wir jedenfalls schon einige ambitionierte Pläne. Gleichzeitig mit dem Relaunch unserer Website erscheint im Januar 2022 das neue WINF-Minialbum „Dadavox“, das damit als erstes WINF-Release seit langem nicht nur bei Youtube und Facebook vorgestellt, sondern auch zeitgleich wieder auf unserer Website zum Download angeboten wird und damit einen Reigen neuer Releases eröffnet. Aus den in den letzten 15 Jahren seit 2006 gesammelten Archivaufnahmen sind mehrere Compilation-Alben in Planung. Und nicht zuletzt sollen über unseren Webshop die Restbestände rarer Tonträger diverser mit dem Label verbundenen Bands und Projekte vertrieben werden, die seit Jahren in unseren Lagerräumen einstauben. Und natürlich wartet viel neue Musik darauf, gemacht zu werden.